
Für den Konzeptkünstler Babak Saed ist Sprache ein ganz besonderes
Material: Es ist ihm Medium und künstlerisches Thema zugleich, denn
seine Arbeiten behandeln immer Aspekte der Kommunikation.
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Babak Saed: "After Babel" - Installation in der Akademie der Künste am Pariser Platz |
Seine Installationen und Werke im öffentlichen Raum, Drucke, Grafiken sowie Video- und Audioarbeiten fordern eine besondere Aufmerksamkeit für das geschriebene Wort, denn der Künstler iranischer Herkunft arbeitet in seinen Werken ausschließlich mit Großbuchstaben ohne Interpunktion und Leerzeichen. Diese WORT-AN-WORT-Sprache gleicht ihm einer Hybridsprache, die ein unbeteiligtes Lesen erschwert. Vom Betrachter fordert sie ebenso Konzentration wie eine kritische Auseinandersetzung mit dem Betrachteten ein. Die Sprache erscheint zunächst unverständlich, kann sich aber als decodierbar entschlüsseln oder ein Rätsel bleiben.
ICHDEUTSCHSPRECHENPERFEKT
Für das Abschlussfestival des
Projektes „Die Macht der Sprache“ im Juni 2007 hat Babak Saed eine
künstlerische Intervention konzipiert, die sich der babylonischen
Sprachenvielfalt als identitätstiftendes Medium widmet. Die
Installation „AFTER BABEL“ hat zum Thema, inwieweit Sprache als ein
Mittel der Ausgrenzung Fremder oder aber ihrer Annäherung an die
Einheimischen dient. Was passiert, wenn der Fremde zu sprechen beginnt
und sich als solcher zu erkennen gibt? Die Begegnung von Menschen
unterschiedlicher Sprachherkunft zeichnet im besonderen Maße die
gegenwärtige Zeit aus. Ausgehend davon, dass Sprache – auch die
Muttersprache – einem kontinuierlichen dynamischen Prozess unterworfen
und somit nie vollendet ist, lässt die Schlussfolgerung zu, dass das
Ideal einer vollständigen Beherrschung auch nur einer Sprache eine
Illusion bleiben muss.
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Babak Saed: "After Babel" - Installation in der Akademie der Künste am Pariser Platz |
In „AFTER BABEL“ bediente sich Babak Saed Sprachen jener Länder, in denen Goethe-Institute vertreten sind. Das Konzept hat lediglich einen Satz zum Inhalt, der in jeder der benutzten Sprachen leicht variiert wurde. Inhaltlich bringt jeder Satz zum Ausdruck, dass der Sprecher die jeweilige Sprache perfekt beherrscht. Allerdings beinhalten die Sätze grammatikalische Fehler, so dass unmittelbar ein Widerspruch erkennbar wird. Dieser Widerspruch verbildlicht die Situation des Fremden: Einerseits strebt er ein gewisses Heimatgefühl in der ihm neuen Kultur an. Andererseits möchte er den eigenen kulturellen Hintergrund nicht restlos aufgeben.
Nur Muttersprachler wurden zur Bildung der Sätze gebeten. Dabei sollten sie solche Fehler in die Sätze einbetten, die sie als typische Fehler von Nichteinheimischen empfinden. Babak Saed platzierte seine Installation auf der Außenfassade und im Inneren auf den Glassegmenten des Skulpturengartens. Während der Satz auf der Frontseite mit dem Schriftzug „Akademie der Künste“ in einem Dialog zu stehen scheint, erinnert die Anordnung im Innenbereich an eine Weltkarte – eine Weltkarte aus Sprachen.
Babak Saeds Werk verwundert zuweilen den Betrachter. Das eröffnet einen Weg für die Begegnung mit dem Fremden, denn die Erfahrung des Staunens, so der amerikanische Literaturwissenschaftler Stephen Greenblatt in seinem Buch „ Wunderbare Besitztümer - Die Erfindung des Fremden: Reisende und Entdecker.“ (Berlin, 1994), gemahne uns daran, „dass wir die Welt nur unvollständig begreifen. Eines der greifbarsten Zeichen für diese Unvollständigkeit ist die Unfähigkeit zu verstehen bzw. sich verständlich zu machen. Sprachunterschiede haben stets etwas Verwunderliches an sich.“
Die Installation wurde in der AdK von Frau Dr. Noémi Smolik eröffnet.
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